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Arztberuf und Recht

Zentraler Kern des ärztlichen Berufsbildes ist zweifellos die medizinische Behandlung des Patienten. Gewiss soll und will der Arzt in erster Linie bestmöglicher Heilbehandler nach medizinischen Kriterien sein. Damit ist es jedoch nicht getan. Vielmehr ist der Arzt in seiner täglichen Arbeit nicht bloß ein nur nach medizinischen Gesichtspunkten vorgehender Mediziner, sondern er ist mit seiner Berufstätigkeit auch auf rechtlichem Gebiet – im Rahmen der Rechtsordnung - aktiv und er muss seine Tätigkeit folglich nicht nur nach medizinischen, sondern auch nach rechtlichen Gesichtspunkten ausrichten.

Die Berührungspunkte der täglichen ärztlichen Arbeit mit der Rechtsordnung erschöpfen sich keineswegs in der Anwendung der ärztegesetzlichen Normen. Auf die Tätigkeit des Arztes finden die jeweiligen allgemeinen Rechtsvorschriften, wie sie für jeden sonstigen Bürger (sei es als Unternehmer oder als Angestellter, sei es als Mieter oder als Eigentümer usw.) auch gelten, Anwendung, darüber hinaus hat der Arzt zusätzlich auch die einschlägigen berufsrechtlichen Besonderheiten, die sich aus dem Arztberuf, insbesondere aus den Bestimmungen des Ärztegesetzes (Zahnärztegesetzes) ergeben, zu beachten. Beispielsweise steht es einem Arzt – wie jedem sonstigen Bürger - frei, mit anderen Personen eine GmbH zu gründen. Dieser Gründungsvorgang unterliegt genauso wie die nachfolgende Tätigkeit der Gesellschaft den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes. Zusätzlich hat der Arzt aber darauf Bedacht zu nehmen, dass das Gründungs- und Gesellschaftshandeln nicht nur dem GmbH-Gesetz, sondern auch den speziellen gesellschaftsbezogenen ärzterechtlichen Berufsvorschriften entspricht.

Den Arzt treffen - wie jeden anderen Bürger auch - die allgemeinen Rettungs- und Hilfeleistungsverpflichtungen im Falle von Unglücksfällen (beispielsweise die allgemeine Hilfeleistungsverpflichtung nach der Straßenverkehrsordnung). Darüber hinaus besteht für den Arzt - gewissermaßen im Gegenzug für die ihm eingeräumte und besonders geschützte Rechtsposition sowie aufgrund seiner besonderen Kenntnisse – eine zusätzliche Hilfeleistungspflicht.

Die Verschwiegenheitsverpflichtung stellt eine weitere wichtige besondere ärztliche Verhaltensverpflichtung dar, welche nur in einigen wenigen Ausnahmefällen durchbrochen wird. Häufigste Ausnahme ist wohl die (allenfalls auch nur schlüssige) Entbindung des Arztes von der Verschwiegenheitsverpflichtung gegenüber bestimmten Personen. Überdies sind die gesetzlichen Anzeige- und Meldepflichten an dieser Stelle zu nennen.

Wesentlicher Bestandteil des ärztlichen Berufes ist die Erstattung von Gutachten. Darauf weist der Gesetzgeber bei der Beschreibung des Berufsbildes ausdrücklich hin. Man muss nicht in die gerichtliche Sachverständigenliste eingetragen sein, um Gutachten erstatten zu dürfen. Jeder Arzt darf dies alleine schon aufgrund der gesetzlichen Beschreibung des ärztlichen Berufsbildes. Bei der gerichtsgutachterlichen Tätigkeit sind insbesondere auch die einschlägigen verfahrensgesetzlichen Bestimmungen anzuwenden.

Der Arzt übt seine Tätigkeit aus, um damit Geld zu verdienen. Dies kann im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgen oder auf unternehmerischer Basis. In jedem Fall ergeben sich zahlreiche Berührungspunkte zur allgemeinen Rechtsordnung, in deren Umfeld sich der Arzt natürlich auch bewegt, die jedoch durch besondere berufsrechtliche Normen Änderungen erfährt.

Eine besonders wichtige (und wettbewerbsrechtlich wesentliche) Funktion im Marktauftritt kommt der Unternehmensbezeichnung zu. Das ärztliche Berufsrecht legt in diesem Bereich besonderen Wert darauf, dass Irreführungen aufgrund der Berufsbezeichnung vermieden werden. Gleiches gilt für das Krankenanstaltenrecht.

Dem Gesetzgeber des Ärzterechts obliegt auch die normative Gestaltung der wirtschaftsrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen. Dabei steht er dem aggressiven Marktauftritt sehr restriktiv gegenüber, was sich zweifellos jedenfalls auch mit der Sensibilität der Materie erklärt.

Im Fall der Berufsausübung im Rahmen eines Dienstverhältnisses bestimmt sich die Rechtsposition des Arztes daher insbesondere auch nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen mit dem Arzt als angestelltem Arbeitnehmer. Auch für den angestellten Arzt gibt es besondere berufsrechtliche Bestimmungen.

Immer häufiger wird der Beruf des Arztes in vertragsrechtlicher Bindung mit anderen Berufskollegen ausgeübt. Dies kann in loser Kooperation erfolgen. Eine solche Zusammenarbeit kann aber auch im Rahmen einer Gesellschaft stattfinden. Diesfalls bewegt sich der Arzt also nicht nur im allgemeinen unternehmerischen Rechtsbereich, sondern mitten im Gesellschaftsrecht. Neben dem sogenannten Außerverhältnis zum Kunden (Patienten) ist dabei auch das Innenverhältnis zu den Kooperationspartnern (Mitgesellschaftern) rechtlich besonders geregelt.

Wie jeder andere Erwerbstätige auch, wird der Arzt die berufliche Tätigkeit und das berufliche Risiko entsprechend finanziell absichern und finanziell versichern. Dementsprechend bedeutsam sind auch das Finanzierungsrecht (Bankrecht) sowie das Berufshaftpflichtrecht (Versicherungsrecht).

Häufig steht der Ort des Behandlungsgeschehens – die Ordination - nicht im Eigentum des Arztes, der vielmehr nur im Rahmen eines Bestandvertrages die im Eigentum eines anderen stehenden Räumlichkeiten nutzt. Somit ergeben sich etwa auch Berührungspunkte zum Mietrecht. Die mietrechtlichen Bestimmungen des allgemeinen Zivilrechts beinhalten grundsätzlich keine Sonderregelungen für die Nutzung einer (bebauten) Liegenschaft als Ordination. Das besondere Berufsrecht ist allerdings zusätzlich zu beachten.

Lesen Sie mehr dazu in meinem Buch Arztecht, erschienen im Pedell-Verlag 2014.